5 Tipps von
Lilly Maier
Journalistin und Historikerin
Die junge Autorin und Historikerin Lilly Maier ist schon viel herumgekommen: Sie studierte Geschichte in München, Journalismus in New York und reist für ihre Bücher immer an die Orte des Geschehens. Ihr Erstlingswerk „Arthur und Lilly. Das Mädchen und der Holocaust-Überlebende“ erzählt die Biographie von Arthur Kern, der einst in derselben Wohnung lebte, wie sie selbst. Nun erscheint „Auf Wiedersehen, Kinder!“ über den revolutionären Reformpädagogen Ernst Papanek. Für die StadtSpionin verrät sie ihre fünf Lieblingsbücher!
Sue Monk Kidd | „Das Buch Ana"
Lilly Maier: Ich weiß nicht, ob ich je ein Buch gelesen habe, in dem so poetisch über das Schreiben geschrieben wurde. Obwohl ich selbst nach der monatelangen Arbeit an meinem zweiten Buch richtiggehend „ausgeschrieben“ war, hatte ich nach der Lektüre sofort wieder brennende Lust, einen Stift in die Hand zu nehmen. Ana schreibt heimlich, sie schreibt viel, sie erkämpft sich ihre Stimme – und immer schreibt sie über Frauen. Frauen aus den Alten Testament, Frauen in ihrem Umfeld, die von ihren Vätern und Ehemännern unterdrückt werden, kämpfende Frauen und vor allem über sich selbst. Und obwohl Ana die fiktive Frau von Jesus ist, muss man sich keine Sorgen machen: Das Buch ist weder sehr religiös noch sehr testamentarisch, ganz im Gegenteil. Es ist wunderbar feministisch und vor allem eine Ode ans Schreiben.
Verlagsinfo: Der Roman von Bestsellerautorin Sue Monk Kidd ist die fiktive Lebensgeschichte von Ana, der Gefährtin Jesu. Die Erzählung setzt im Jahr 16 nach Christus ein, im von den Römern besetzten Galiläa. Dort wächst Ana in einer wohlhabenden jüdischen Familie auf. Sie ist ein kluges Mädchen mit rebellischem Geist und messerscharfem Verstand. Ana lernt Lesen und Schreiben, studiert die Thora und beginnt heimlich die Geschichten der vergessenen Frauen der Heiligen Schrift aufzuzeichnen: Eva, Sarah, Rebecca, Rachel und Ruth. Als Ana vierzehn ist, soll sie an einen alten Witwer verheiratet werden. Auf dem Markt wird sie ihm vorgeführt, sie ist entsetzt. Ein junger Mann mit dunklen Locken und sanften Augen erkennt ihre Verzweiflung und hilft Ana. Ihre Begegnung wird alles verändern.
Verlag:
btb
André Aciman | „Call me by your name"
Lilly Maier: „Call me by your name“ ist einer der wenigen Fälle, wo ich zuerst den Film gesehen und danach trotzdem das Buch geliebt habe. Die ruhige Stimmung und die Bilder des heißen italienischen Sommers aus der Verfilmung habe ich beim Lesen mitgenommen und immer im Hintergrund gefühlt. Die Liebesgeschichte von Elio und Oliver ist wunderbar (und wunderbar romantisch), noch berührender ist aber der Schreibstil von André Aciman. Manche Sätze sind so schön, dass ich beim Lesen Pause machen musste, einfach um sie wirken zu lassen. Auch der Jahre später geschriebene zweite Teil „Find me“ hat mir sehr gut gefallen, ich würde sie aber nicht am Stück lesen.
Verlagsinfo: Völlig überraschend trifft Elio seine erste große Liebe: Der Harvard-Absolvent Oliver ist für sechs Wochen bei Elios Familie an der italienischen Riviera zu Gast. Oliver ist weltgewandt, intelligent und schön. Er ist alles, was Elio will, vom ersten Moment an. Die Zuneigung ist gegenseitig, doch Schüchternheit und Unsicherheit veranlassen beide zur Zurückhaltung. Ein fast unerträgliches Spiel von Verführung und Zurückweisung beginnt.
Verlag:
dtv
Laurent Binet|
„Eroberung"
Lilly Maier: Gleich zum Jahresanfang habe ich ein Buch gelesen, das sicher eines meiner Highlights des Jahres 2021 wird: die „Eroberung“ von Laurent Binet. Was wäre, wenn Kolumbus nie aus Amerika zurückgekommen wäre? Dann hätten die Inka Europa erobert – und das mit nur 187 Mann und der überaus begabten Prinzessin Higuenamota. Selten habe ich so eine tolle „Alternate History“ gelesen, die so viel Spaß beim Lesen macht. Am Anfang braucht man ein bisschen um reinzukommen, aber schon bald lacht das Herz der Historikerin bei all den uminterpretierten Details (mein Favorit: das Christentum als „Religion mit dem Angenagelten Gott“). Große Leseempfehlung!
Verlagsinfo: Was, wenn in der Geschichte Europas zwei Dinge anders gelaufen wären? Erstens: Die Wikinger wären mit Pferden und eisernen Waffen bis nach Südamerika gesegelt. Zweitens: Kolumbus wäre nie aus Amerika zurückgekehrt. Die Inkas landen im 16. Jahrhundert in Portugal, besiegen Karl V. in Frankreich und die Anhänger der Inquisition in Spanien. In Deutschland helfen ihnen die Fugger, das viele Gold zu verteilen. Im Herzen von Paris wird eine Pyramide errichtet, in Wittenberg schlägt man nach Luthers Tod die „95 Thesen der Sonne“ an. Federschmuck ziert die Häupter der Europäer, auf den Feldern wächst Quinoa, Schafe sind heilig. Wie ginge es uns heute, fragt Binet, wären wir statt der kapitalistischen Ideologie den Lehren des Inkahäuptlings Atahualpa gefolgt?
Verlag:
Rowohlt
Lilly Maier| „Auf Wiedersehen, Kinder"
Lilly Maier: Mein zweites Buch hätte eigentlich schon im Sommer erscheinen sollen, wurde aber wegen Corona verschoben. Umso mehr freut es mich, dass es jetzt da ist – und Ernst Papanek damit hoffentlich bekannter wird. Den beeindruckenden Reformpädagogen kannte ich schon aus meiner früheren Forschung, aber beim Schreiben dieses Buches war ich dann selbst immer wieder erstaunt, wie faszinierend er und sein Leben wirklich waren. Besonders berührend für mich war es, viele der ehemaligen „Kinder“ zu treffen, denen Papanek das Leben gerettet hat – auch um diese Begegnungen geht es in meinem Buch.
Verlagsinfo:
Der junge Wiener Ernst Papanek ist Vollblut-Sozialist, leidenschaftlicher Pädagoge und unerschütterlicher Optimist. Obwohl er nach dem Februaraufstand 1934 nur knapp den Häschern des Dollfuß-Regimes ins Exil entkommt, ändert das nichts an seinem politischen und sozialen Engagement. Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges leitet er vier Kinderheime in Montmorency bei Paris für 283 jüdische Flüchtlingskinder aus Deutschland und Österreich. In wenigen Monaten gelingt es ihm, ein beeindruckendes pädagogisches System aufzubauen, das für seine Zeit geradezu revolutionär ist. Er kann die Kinder später in die USA holen und vor dem Holocaust bewahren. In New York verwendet Papanek dieselben pädagogischen Ansätze und leitet für zehn Jahre eine Schule für straffällige Jugendliche. Bis heute können wir von seinen für die damalige Zeit ungewöhnlichen und revolutionären Methoden im Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen lernen.
Verlag:
Molden
Allaa
Faham &
Abdul Abbasi
| „Eingedeutscht. Die schräge Geschichte unserer Integration"
Lilly Maier: Eingedeutscht ist ein wirklich wunderbares Buch, bei dem ich oft laut lachen musste. Abdul und Allaa schließt man schnell ins Herz, sei es wenn es um die Kartoffel, Gastgeschenke, Tatort-Schauen oder das Kennenlernen der Eltern der Freundin geht. Besonders berührend fand ich, wie offen und verständnisvoll die beiden auf jede Situation reagieren. Ohne zu viel zu verraten: Aber die Erfahrung mit der deutschen Polizei, die gegen Ende des Buches vorkommt, hätten sicher viele Autoren ganz anders und rein negativ beschrieben. Ein Buch, das man vor allem jungen Menschen sehr ans Herz legen sollte.
Verlagsinfo:
Mit mehr als 100.000 Follower und Millionen Views auf Youtube sind Abdul Abbasi und Allaa Faham Stars der digitalen Netzwerke. Mit ihrem Kanal German LifeStyle wollten sie zunächst syrischen Landsleuten die Herausforderungen des deutschen Alltags näherzubringen: Wie vereinbart man korrekt einen Termin? Wer bezahlt nach dem gemeinsamen Essen die Rechnung? Wie spricht man die Katze in der WG richtig an? Doch schnell stellten sie fest, dass ihre Mission eine ganz andere ist und dass wahre Integration nur dann gelingen kann, wenn sich beide Seiten einbringen. Wie also kriegt man Syrer und Deutsche zusammen? Ganz einfach: Indem wir mit dem gemeinsamen Lachen eine Brücke bauen. Amüsieren wir uns über unsere kulturellen Unterschiede, statt Angst vor ihnen zu haben – denn nur so werden wir aufeinander zugehen und uns verstehen können!
Verlag: Goldmann
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