Die Göttin des Glücks hat uns gefunden
Lisa Muhr im Interview
“Göttin des Glücks” ist das erste öko-faire Modelabel aus Österreich, das in der gesamten Produktionskette den Kriterien des fairen Handels entspricht und ausschließlich FAIR TRADE zertifizierte Biobaumwolle verwendet. Das Designerkollektiv mit Sitz in Wien arbeitet seit 2005 an seinen außergewöhnlichen Wohlfühlkollektionen unter dem Motto „Danke mir geht’s gut“. Die StadtSpionin sprach mit Lisa Muhr, einer der vier irdischen Gehilfen der Göttin.
Lisa Muhr, ModemacherinStadtSpionin: Euer Designer-Kollektiv besteht aus vier Personen. Wie funktioniert denn das Entwerfen bei Euch? Wer macht das ?
Lisa Muhr: Im administrativen Bereich – also PR, Marketing, Vertrieb - haben wir jeder unseren eigenen Aufgabenbereich, aber das Entwerfen machen wir nach wie vor gemeinsam.
Ist das nicht schwierig? Man muss sich dann immer zu viert auf eine Linie einigen.
Ja, aber es ist auch total inspirierend. Wir haben uns durch Zufall auf einer Blickfang-Messe 2005 in Stuttgart zusammengefunden, weil wir uns so gut verstanden haben – und so ist es beim Entwerfen auch. Wenn wir jeder selber was entwickeln würden, würden die Entwürfe komplett unterschiedlich sein. Aber so haben wir jeder das Gefühl für den Stil der Göttin, wir wissen, was passt, was passt nicht. Es gibt Diskussionen beim Entwerfen, es gibt Spaß, es gibt Kritik – und wir einigen uns immer.
Wer sind eigentlich die Personen hinter der Göttin des Glücks?
Igor Sapic, der eigentlich Performance-Künstler und Die vier irdischen Gehilfen der Göttinstudierter Bildhauer ist und das „Studio“ in der Kirchengasse betreibt. Er ist verantwotlich für Vertrieb und Verkauf. Dessi Stoytcheva, die das Modekolleg in der Herbststraße absolviert hat, macht die Produktion und die Schnitte. Monika Bledl hat Textil-Design studiert und hat auch eine eigene Modelinie Monikova. Sie ist für die Texte, die Grafik und das CD verantwortlich. Und ich bin eigentlich Architektin und habe den Presse- und Marketing-Bereich übernommen.
Ihr bedruckt Eure Entwürfe mit Sprüchen, in denen oft ein großer Humor steckt. Wer ist denn da im Team so humorvoll?
Humor haben wir im Prinzip alle, wenn er nicht zugedeckt wird mit Arbeit (lacht). Am Anfang ist das in der Runde entstanden, im Brainstorming. Am Anfang waren auch noch nicht so viele Sprüche da, es gab nur Worte oder kurze Sätze –„Danke mir gehts gut“ oder „Glück“. Mittlerweile finden wir auf der Suche nach neuen Sprüchen oder neuen Grafiken Inspiration an vielen Orten. Den Spruch “Die Göttin des Glücks kommt nur dann, wenn sie Lust dazu hat“ haben wir zum Beispiel irgendwann mal irgendwo in einer Zeitschrift gefunden.
Wie kam der Name Göttin des Glücks eigentlich zustande?
Wir haben eine Ziehung veranstaltet - da waren Namen dabei wie Mildred Mild und Johann Johannson, Vitamini oder Schwester Polyester. Wir waren aber überhaupt nicht zufrieden mit dem Ergebnis und haben irgendwann in einem Artikel über Mythologie und Götter die Göttin des Glücks gefunden – sie hat uns einfach angelacht. Das hat richtig herausgeleuchtet und wir wussten: Das ist es! Die Göttin hat uns gefunden, nicht umgekehrt.
Göttin des Glücks ist ja das erste öko-faire Modelabel des Landes. Was kann man darunter verstehen?
Ich erkläre mal den Kreislauf. Alle unsere Kleider bestehen aus Bio-Baumwolle, die unter Fair-Trade Bedingungen hergestellt wird. Bio-Baumwolle an sich heißt ja noch nicht Fair Trade und Fair Trade bedeutet nicht automatisch, dass es bio ist. Wir haben beides. Die Baumwolle kommt von Agrocel, das ist eine Kleinbauern-Organisation in Westindien. Die Kleinbauern dort bauen die Baumwolle mit Tröpfchenbewässerung an und nicht mit Überflutung, es wird händisch geernetet, es gibt keine Pestizide und Insektizide. Die Biobaumwolle wird dann in Indien auch gleich versponnen. Dann kommt das Garn nach Mauritius, zu RT Knits, und die verstricken das Garn, färben die Stoffe und liefern sie in Mauritius an Craft Aid – und das ist unser Partner, mit dem wir konfektionieren. Die drucken unsere Grafiken und Sprüche auf die Stoffe, nähen alles, verpacken die Sachen und schicken sie mit dem Schiff zu uns. Das ist auch ein Fair Trade zertifizierter Betrieb.
Mauritius ist ja ziemlich weit weg. Gab es da nicht Näheres?
Die aktuelle SportkollektionNaja, das kommt daher, dass wir mit der EZA kooperieren - die Kollektion von Göttin des Glücks kann man in allen Weltläden kaufen. Als wir auf der Suche nach einem Fair Trade Partnerbetrieb waren, war es naheliegend, auf den Partner der EZA zuzugreifen. Und der war eben auf Mauritus. Und ich sage immer: die Bio-Baumwolle kommt sowieso aus Indien, die muss sowieso mit dem Schiff durch den indischen Ozean – da ist Mauritius auch nicht wirklich ein Umweg.
Kennen Sie den Betrieb auf Mauritius auch persönlich?
Wir waren im letzten November in Mauritius und haben 2 Wochen mit den Menschen gearbeitet. Von der Produktions-seite her ist der Betrieb wirklich toll, mit tollen Arbeits- bedingungen. Ursprünglich hat der Besitzer Craft Aid gegründet, um Behinderten Arbeit zu verschaffen. Auf der anderen Seite haben wir
Mauritius so erlebt, wie man es als Tourist nicht sieht. Wir haben ja im Industriegebiet gewohnt und nicht im 6 Sterne-Hotel mit Privatstrand – und wir haben das Elend des Landes gesehen. Die Menschen dort sind total arm und können kaum überleben, obwohl Mauritius eh zu den reichsten Ländern der Region zählt! Da haben wir gesehen, wie sinnvoll es ist, dass wir bei Craft Aid arbeiten lassen...
Wie groß ist eigentlich die Kollektion?
Im Moment sind es ungefähr 80 Modelle, wobei die Modelle meist in zwei bis drei Farben vorhanden sind. Wir haben Damen-Oberbekleidung, Unterwäsche für Damen und Herren, Sportbekleidung für Damen und Herren und ab Herbst führen wir auch Übergrößen bis Größe 52. Da freu ich mich sehr drauf, ich hoffe, das kommt gut an.
Alle Kollektionen der Göttin konzentrieren sich auf das Material Jersey. Wie kam es denn dazu?
Die Oberteile, mit denen wir 2005 angefangen haben, waren in Jersey konzipiert – wir haben ja in der legeren „Danke mir gehts gut“- Linie begonnen. Wir haben uns also in das Material eingearbeitet - dazu muss man wissen, dass man bei Jersey und bei gewebten Stoffen die Schnitte unterschiedlich machen muss, weil der eine Stoff nachgibt und der andere nicht. Wir sind dann dabei geblieben. Allerdings sind wir schon auch an die Grenzen des Materials gestoßen, denn bei bestimmten Schnitten reißt Jersey, weil das einfach nicht so ein fester Stoff ist. Wir würden gerne mal designmäßig mehr machen, deshalb sind wir jetzt auch auf Materialsuche.
Wo kann ich Eure Kollektionen denn kaufen?
Seit kurzem haben wir einen eigenen Shop in Wien in der Operngasse. Dann bekommt man unsere Kollektion in den meisten Weltläden, in verschiedenen Boutiquen und in unserem eigenen Online-Shop. Auf unserer Homepage gibt es einen Shopfinder, da stehen alle Geschäfte aufgelistet.
Öko-faire Produktion auf MauritiusEin guter Teil Eurer Philosophie ist das Öko-Bio-Faire. Ich würde euch aber trotzdem nie in die „Öko-Ecke“ stecken.
Danke! Wir kommen auch definitiv aus der Mode. Und im Prinzip müsste diese Bio- und Öko-Sache etwas ganz Selbstverständliches sein. Ich hoffe, dass das irgendwann mal normal ist, für alle.
War das schwer, Mode und Öko zusammenzubringen?
Die Mode in die Bio-Schiene zu bringen, war in Österreich nicht so schwer, weil Österreich noch nicht besetzt war. Jetzt drängt mittlerweile auch die Konkurrenz herein. Wir sehen uns als Link zwischen H&M-Massenkonsum und superteurer Designer-Mode. Wir liegen dazwischen, auch preislich. Und wir wollen nicht Ökö-Designer sein, sondern das Öko-Element implementiert haben. Wir machen Mode, die bezahlbar ist, aber trotzdem einen anderen Wert hat als H&M.
Im letzten Jahr tauchten immer mehr mehr Öko-Modefirmen am Markt auf. Ist das jetzt ein Trend?
Ja, das ist jetzt sehr zum Thema geworden. Ich hoffe, dass es nicht nur ein Trend ist, sondern dass es weitergeht. Dass es sich analog zur Lebensmittelbranche entwickelt und die Bio- und Fair Trade-Schiene ein echter Marktanteil wird in der Mode. In Wahrheit müsste es irgendwann einmal verpönt sein, herkömmlich zu produzieren. In Zahlen sieht das so aus: Die Bio-Baumwolle ist innerhalb eines Jahres von 0,1 Prozent auf 0,2 Prozent gestiegen, die ist also um 100 % gewachsen. Aber es ist immer noch ein Wahnsinn, wie wenig Marktanteile Bio-Baumwolle hat!
Das Designerkollektiv auf MauritiusGöttin des Glücks ist eigentlich der Spagat zwischen Wohlfühlen und Humor, zwischen Modeanspruch und grünem Anspruch. Was macht in Ihren Augen das Label aus?
Die Philosophie unserer Mode ist der Wohlfühlfaktor, das Spaßhaben im Leben - und dabei keinen Schaden anrichten. Unser Ziel ist, das in die Köpfe der Leute zu bringen und damit die Gesellschaft und das Kaufverhalten etwas zu verändern. Wir haben das auch eingedruckt in den Kleidungsstücken: Dass man bewusstere Kaufentscheidungen treffen soll – weniger, aber dafür besser.
Noch einmal zurück zu Ihnen. Sie sind eigentlich Architektin, oder?
Ja. Ich habe mich aber 2004 als Designerin selbständig gemacht mit dem Label Shiny Blink. Ich habe Produkte des täglichen Lebens entworfen – Duschtextilien in witzigen Designs, textile Jahreskalender, Lampen, Taschen, usw. „Funny functional“ - das war mein Ding. Einige Produkte habe ich bei Igor im „Studio“ verkauft und mit ihm und einigen anderen Designern bin ich 2005 auf die Blickfang-Messe in Stuttgart gefahren. Und dort hat die Göttin begonnnen.
Ist Mode denn überhaupt auf Ihrem Lebensplan gestanden?
Nein, gar nicht! (Lacht) Das war aber bei mir immer so. Ich bin immer in anderen Situationen gelandet als das, was von der Ausbildung her hätte passieren müssen.
Sabine Maier
KONTAKT
Göttin des Glücks Shop
Operngasse 32. 1040 Wien
Di – Fr: 12.00 – 19.00 Uhr, Sa: 11.00 – 18.00 Uhr
Das Studio
Kirchengasse 17. 1070 Wien
Öffnungszeiten: Di – Fr: 12.00 – 19.00 Uhr, Sa: 11.00 – 17.00 Uhr
www.goettindesgluecks.com
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