Stadtgespräch


Meine Figuren haben zu leben begonnen

Elis Fischer im Interview

Elis Fischer, geboren 1965 in Graz, lebte viele Jahre in Wien. Sie ist Mutter eines Sohnes, war im Marketing tätig, ist Künstlerin, Restauratorin, Gärtnerin und Food-Bloggerin. Neuerdings ist sie auch unter die Autorinnen gegangen und legt mit „Die Kunstjägerin“ ihren ersten Krimi vor. Mit der StadtSpionin sprach die Vielbeschäftigte über Recherche-Ausflüge in einem Porsche und über die Ähnlichkeit von Gärten zu Liebesbeziehungen.

Eils FischerStadtSpionin: „Die Kunstjägerin“ beruht auf einer wahren Begebenheit aus Ihrem Leben. Was ist real und was erfunden?
Elis Fischer: Die historische Geschichte ist großteils echt. Die Parallelen zwischen meiner Protagonistin Theresa und mir sind auch da. Wir beide haben ein Bild geerbt, auf dessen Rückseite sich eine geheime Inschrift findet. Wir beide begeben uns auf die Suche nach dem Maler. Und wir haben beide einen kleinen Sohn. Aber dann hört’s schon auf. Und: Ich hab meinem Mann nie ein blaues Auge geschlagen. (lacht)
Wie kam es, dass Sie aus dieser privaten Suche einen Krimi machen wollten?
Als ich das Bild bekommen hab’ und auf der Rückseite diese Namen entdeckt hab’, hatte ich plötzlich eine Geschichte. Dieses Buch musste geschrieben werden, da hätte ich gar nix dagegen machen können.
„Bridget Jones meets Dan Brown“, so charakterisieren Sie Ihre Protagonistin Theresa Valier. 
Ja, ich fand diese Mischung spannend! Ich hab’ mir einfach überlegt: Was könnte einer Chaotin passieren, wenn unerwartet ein Bild mit einem großen Geheimnis ihr Leben durcheinander wirbelt?
Passiert ist ihr so einiges: Das Bild wird gestohlen und der Restaurator ermordet. Hoffentlich lauter frei erfundene Dinge...
 StadtSpionin Wien
Die Kunstjägerin: Erschienen im Gmeiner Verlag
... zum Glück! Aber naja, ein bissl paranoid wird man da schon (lacht) Ich hab mich dann auch fast nicht mehr getraut, das Gemälde aus der Hand zu geben. Weil ich wirklich Angst hatte, dass gewisse Sachen doch passieren.
Theresa verschlägt es mit ihren Nachforschungen bis nach Florenz. Haben Sie auch so viel auf sich genommen?
Beim Recherchieren für das Buch war ich schon sehr gründlich! Ich wollte, dass ich bei den Actionszenen sagen kann: Es könnte so gewesen sein. Deshalb bin ich auch mit den neuesten Porsche-Modellen über Eis und Schnee geschlittert. Ich bin ja als Leserin auch nicht so recht glücklich, wenn eine Geschichte zu sehr an den Haaren herbeigezogen ist.
Sie haben also alle Szenen aus dem Buch nachgestellt?
Naja, nicht alle. Ich hab mich zum Beispiel nicht von außen auf eine Hausmauer gehängt. Ich glaub da hätten sie mich dann verhaftet (lacht)
War es Rubens? War es Sustermans? Seit Jahren sind Sie auf der Suche nach dem Maler Ihres Bildes. Auf Ihrer Homepage rufen Sie sogar die LeserInnen zur Mithilfe auf. Mit Erfolg?
Naja,  es haben sich schon ein paar Leute bei mir gemeldet. Und sie sagen, dass sie im Internet unterwegs sind und danach suchen. Eine hat gesagt, sie ist nach zwei Jahren zum ersten Mal wieder im Museum gewesen und hat geschrieben: Ich hab’ sofort geschaut, ob ich Ihre Krüge irgendwo sehe!
Die Handlung spielt überwiegend in Wien. Welche Plätze mögen Sie an dieser Stadt besonders?
Wenn ich mich für einen entscheiden müsste, wär’ das im Sommer der Innenhof des Museumsquartiers! Wenn da Musik ist, wenn die Autorennbahn fährt, wenn rund um den Brunnen für d StadtSpionin Wien
Ist es ein Rubens, ist es ein Sustermans? Um dieses geheimnisvolle Bild dreht sich der Roman
ie Kinder irgendwelche Aktivitäten gemacht werden und wenn man einfach nur da sitzt und seinen Caffe Latte trinkt. Das ist so eine Ruhe inmitten dieses tosenden Zentrums!
Sie stammen aus Graz und haben lange Zeit in Wien gelebt. Mittlerweile sind Sie im  Burgenland daheim, studieren aber Kunstgeschichte in Wien. Was hat Sie aufs Land verschlagen?
Das war hauptsächlich wegen unserem Sohn. Mein Mann und ich, wir sind beide am Land groß geworden und haben uns gedacht: Vielleicht wär’s für ihn ganz nett ein paar Jahre einen Garten zu haben und sich auszutoben. Aber muss mindestens einmal in der Woche nach Wien fahren! Sobald er dann studiert, gehen wir alle wieder nach Wien (lacht).
Sie haben keinen typisch blutigen Krimi geschrieben. Warum eigentlich?
Ich wollte einfach immer etwas Lustiges schreiben. Es gibt eh schon genug traurige Sachen.
In diesem Buch wird viel gelacht, gekocht und getrunken, die Figuren treffen sich regelmäßig zum „Chianti-Club.“
Also diese Verbindung von Literatur und Essen hat sich zufällig ergeben. Das lag an meinen Figuren. Die haben ja selber irgendwie zu leben begonnen. Da hat man dann ja nicht mehr so richtig die Kontrolle darüber. Das war so wie in einem französischen Film, wo man die ganze Nacht redet und trinkt.
Sie betreiben auch einen literarischen Food-Blog. War das Buch die Inspiration dafür?
Mir ist das zuerst gar nicht so aufgefallen, dass die Figuren ununterbrochen essen und trinken. Das gehört einfach so zu meinem Leben dazu. Dann habe ich eine Leserunde in Deutschland gemacht und die haben dort zu mir gesagt: Unglaublich, wenn man das Buch liest, kriegt man sofort Hunger! Ich habe dann für meine Leserinnen in Deutschland begonnen, Sachen aus dem Buch nachzukochen.  StadtSpionin Wien
In ihrem Foodblog kocht Elis Fischer unter anderem Rezepte aus ihrem Buch nach

Ihre Figuren sind sehr unterschiedliche Charaktere. Haben Sie für eine davon besondere Sympathien?
Nein, ich lieb sie alle! Wie die eigenen Kinder (lacht) Ich lieb auch meinen Kommissar, obwohl der so ein Miesepeter ist.
Ihre Kunstjägerin Theresa ist chaotisch und humorvoll. Würde ein männlicher Kunstjäger anders an das Rätsel rangehen?
Bestimmt ganz anders! Ein Mann fragt ja nicht nach dem Weg (lacht) Der hätte da nicht alle seine Freunde eingespannt. Also ein Mann hätte das alles selber und ganz allein durchgezogen.
Neben Ihrem Food-Blog betreiben Sie auch einen Garten-Blog. Haben Sie denn einen besonders grünen Daumen?
Nein, ich poste natürlich nur die schönen Ecken. Mein Garten stellt mich schon immer wieder vor Herausforderungen. Ich hätte gerne so einen verwilderten englischen Garten, wo alles ständig blüht und wo man die Hecken schneiden muss, damit man durchkommt. So ist es aber leider nicht. Verwildert ist er schon, aber es blüht nicht so viel. (lacht)
„Das mit dem Garten ist ein bisschen wie eine Beziehung. Ich mache dem Garten Vorschläge und schaue dann, wie er es annimmt.“
Das ist ein Zitat aus meinem Blog. So ist es wirklich! Zum Beispiel hätte ich gern ganz andere Blumen dort und er sagt: Nein! Ich mach dir nur Rosen. Oder ich sag: Ich hätt’ gern viel Gemüse. Und er sagt: Nein, bei mir gibt’s nur Tomaten! Er gibt das Tempo vor.
Sie waren viele Jahre im Marketing tätig, sind Autorin, betreiben zwei Blogs, sind Restauratorin und auch Künstlerin. In Ihren Kunstwerken verarbeiten Sie unter anderem Flohmarkt-Funde. Wie kann man sich das vorstellen?
Also ich hab Vergolden gelernt und auch Figuren fassen. Und mein Vater hat Antiquitäten gesammelt und das G StadtSpionin Wien
Für ihre Kunstwerke verwendet Elis Fischer oft Flohmarkt-Funde
old hat mich immer schon fasziniert. Dann hab’ ich begonnen, Kunstwerke draus zu machen. Ich hab  alte Artefakte, Engelsflügel vom Flohmarkt oder Teile von alten Säulen hergerichtet und auf Leinwände montiert.
Als Autorin und Künstlerin sind Sie öffentlicher Kritik ausgesetzt. Wie gehen Sie damit um?
Natürlich lass ich mich auch davon runterziehen. Aber ich probier’s mit Humor zu sehen, ich hab für mich auch die fünf Phasen der Kritikakzeptanz charakterisiert.
Die da wären?
Zuerst kommt mal das Nicht-wahrhaben-wollen, kurz darauf kommt die Wut. Dritter Schritt ist „verhandeln“. Dann kommt die Einkehr und schließlich die Akzeptanz.
Die Fortsetzung für „Die Kunstjägerin“ ist schon geschrieben. Was darf man sich vom zweiten Teil, der 2015 erscheint, erwarten?
Also da geht’s wieder um eine historische Geschichte, es sind wieder die gleichen Figuren, aber ein anderer Plot. Die historische Geschichte spielt im London der 30er Jahre, also da haben wir dann auch ein bissl Nazi-Zeit dabei und das ist wieder eine sehr verwobene Geschichte, die da in Theresas Leben ziemlich hineinspielt.
Zum Schluss: Sie sind so vielseitig beschäftigt. Welcher Ihrer Berufe liegt Ihnen besonders am Herzen?
Im Moment bin ich sehr auf das Schreiben fokussiert. Aber das ist das Problem, ich hab so viele Interessen! Ich weiß oft nicht, worauf ich mich konzentrieren soll. Dass das Buch fertig geworden ist, ist eh ein Wunder. (lacht)

Barbara Moser
(Dezember 2013)

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