Stadtgespräch


Frauen sind unglaublich leistungstark

Elisabeth Gürtler im Interview

Die ehemalige Opernballchefin Elisabeth Gürtler (60) kann's nicht lassen und veranstaltet am 10. Juli einen Sommerball in der Spanischen Hofreitschule. Mit der StadtSpionin sprach die Grande Dame der feinen Wiener Gesellschaft über das Älterwerden, ihren Kleiderschrank und wie wichtig es ist, tief und fest einzuatmen.

Interview: Elisabeth Gürtler, Sacher
Elisabeth Gürtler,
Direktorin des Hotels Sacher
StadtSpionin:
Wie muss man sich einen Tag im Leben von Frau Gürtler vorstellen?
Elisabeth Gürtler: Meistens bin ich so um fünf wach, das ist eine sehr wichtige Zeit für mich. Ich bleibe noch im Bett liegen und komme zum Denken, ganz in Ruhe. Mein Hund, der bei mir schläft, zeigt mir dann schon, wann es Zeit ist aufzustehen. Dann hol ich mir die Zeitungen, trinke einen Kaffee – so beginnt mein Tag. Und dann bin ich den gesamten Tag unterwegs.
Und wann kommen Sie am Abend nach Hause?

Nie vor 22 Uhr. Es gibt keinen Abend, an dem ich auf der Couch vor dem Fernseher liege oder so etwas in der Art. Entweder arbeite ich so lange oder ich bin am Abend noch auf Veranstaltungen. Und glauben Sie mir, das ist sehr anstrengend!
Sie arbeiten viel und haben die unterschiedlichsten Funktionen. Wie schaffen Sie es, alles unter einen Hut zu bringen?
Naja es gibt einfach Dinge, die gemacht werden müssen. Und ich kann nicht nur ein bisschen arbeiten, sondern ich kann nur entweder oder.  Manchmal denke ich mir schon, ich halte das einfach nicht mehr aus. Es ist so viel! Aber dann sage ich zu mir selber: Entweder mach es ganz oder gar nicht. Und meine Arbeit macht mir ja auch Spaß, nur bleibt kaum Zeit für Anderes.
Elisabeth GürtlerHaben Sie nie Lust, tun und lassen zu können, was Sie wollen?
Oh ja! Aber würde ich das machen, hätte ich ein schlechtes Gewissen. Weil ich weiß, es sind tausend Dinge zu tun.
Ist das schlechte Gewissen etwas, das Sie motiviert oder ist es belastend?
Es ist schon negativ und belastend. Manchmal denke ich mir, ich möchte ganz aufhören, gar nichts mehr machen.
Und woraus schöpfen Sie die Kraft, weiterzumachen?
Wenn ich mich erholen will, fahre ich nach Seefeld. Dort haben wir ein Hotel, das Astoria, das meinen Eltern gehört. Ich bin sehr gerne dort und kann mich unglaublich gut und schnell entspannen. Es reicht ein verlängertes Wochenende.
Nur ein paar Tage und Sie sind wieder erholt?
Ja, ich habe den Erholungswert jetzt sogar schwarz auf weiß. Wir haben dort gemeinsam mit dem Institut Schobesberger&Humpeler eine Studie gemacht. Getestet wurde, wie hoch der Erholungseffekt ist, wenn man sich nur ein paar Tage frei nimmt. Ich habe mich am Donnerstag messen lassen: Blutwerte, Stressfaktor, Herzfrequenz, Puls, etc. Dann bekommt man einen Status, wie man drauf ist, und ein sanftes Trainingsprogramm. Natürlich darf man auch genießen, gut essen, ein Glas Wein trinken. Und am Sonntag wurde wieder gemessen und ich konnte es kaum glauben: Mein Stressfaktor war total unten, mein Puls und meine Herzfrequenz waren besser. Es ist unglaublich wie man sich in vier Tagen entspannen kann!
Ist das ein Tipp für alle gestressten Damen da draußen?
Unbedingt, ich kann nur jeder zu so etwas raten. Abschalten, ein sanftes Bewegungs- Programm, Wellness. Nach draußen gehen, einmal tief durchatmen in frischer Luft. Dieses tiefe bewusste Atmen ist unglaublich wichtig. Und auch die Bewegung, wie Nordic Walking.
Wie oft schaffen Sie es, so ein Erholungswochenende einzulegen?
Naja so alle 4 bis 6 Wochen bin ich dort und entspanne total.
Sie sind vor kurzem 60 geworden. Haben Sie Angst vor dem Älterwerden?
Man muss es akzeptieren. Ich weiß jetzt zwar nicht, wie es sein wird, wenn ich ganz alt bin und möglicherweise pflegebedürftig und auf Hilfe angewiesen. Das ist glaube ich, der schlechteste Teil des Lebens. Aber man muss sich einfach sagen, man ist dazu da, dass man es erträgt, das gehört zum Leben dazu.
Gütler Hofreitschule
Seit 2007 leitet Elisabeth Gürtler auch noch die Spanische Hofreitschule. 2010 wird dort erstmals die Fête Impériale veranstaltet.
Wie sind Sie eigentich auf die Idee gekommen, die Fête Impériale zu veranstalten?
Mit dem Reiten alleine machen wir leider immer noch Verluste, und so mussten wir überlegen, was wir machen können, um Geld einzunehmen.  So kam die Idee, einen Ball in der Spanischen Hofreitschule zu inszinieren. 
Der Termin im Sommer ist ja sehr untypisch für den Wiener Ballkalender.
Ich habe als junges Mädchen Bälle im Sommer erlebt.  Das Ballerlebnis ist einfach ein ganz anderes! Man muss nicht mit einem dicken Mantel über dem Kleid zum Ball fahren, es spielt sich viel im Freien ab. Leider gibt es in Wien, außer dem Concordiaball, keine Sommerbälle mehr, was ich schade finde. Wir hoffen jetzt nur, dass auch das Wetter mitspielt.
Sie sagen, es ist viel Arbeit, die Fête Impériale zu organisieren. Was ist der Unterschied zur Organistation des Opernballes?
Bei der Fête Impériale ist alles neu, da dieser Ball ja zum ersten Mal stattfindet.  Beim Opernball hat es ein Gerüst gegeben auf das man aufgebaut hat. Aber so muss man von ganz vorne beginnen und überlegen: wo macht man den Ball, wohin gibt man die Tische, mit wievielen Leuten sollen wir arbeiten. Alles, einfach alles ist neu. Und glauben Sie mir, es ist auch als ehemalige Opernballorganisatorin eine große Herausforderung.
Elisabeth GürtlerWie groß ist das Interesse am Ball bisher?
Wir haben bereits 800 VIP Karten verkauft. Aber natürlich muss man sehr viel Pressearbeit leisten. Und irgendwie komm ich mir schon ganz dumm vor - weil ehrlichgesagt muss ich nicht unbedingt dauernd irgendwo in der Zeitung stehen. Aber jetzt muss ich schlicht und einfach, denn wir können uns von der Hofreitschule aus keine Werbung leisten.
Wie würden Sie als Organisatorin die Fête Imperial beschreiben?
Die Fête Impériale soll ein Fest für die Wiener sein. Es gibt auch Studentenkarten um 40 Euro. Wir haben ganz tolle Musik, Cross Over DJs. Es wird sicher ein lockerer, lustiger, ausgelassener Ball. Ich hoffe, das Publikum wird eine ganz bunte Mischung. Von Jung bis Etabliert soll sich dort alles treffen.
Sie sind ja sehr diszipliniert. Können Sie denn auch ausgelassen sein?
Ich lasse mich von Musik sehr anstecken, und wenn die Musik gut ist, dann tanze ich - und wenn man tanzt, wird man sehr locker.
Also man kann Sie auch in einer Disco antreffen?
Nein, alleine würde ich nicht in eine Disco gehen, aber wenn es so ein Fest ist und ein guter DJ auflegt, dann lasse ich mich auch von so einer Stimmung mitnehmen.
Wie groß ist eigentlich Ihre Verbundenheit zu Wien?
Ich bin in Wien geboren, ich bin in Wien mit Unterbrechungen aufgewachsen, ich war sehr viel in Tirol,  und ich fühle mich mit Wien aber auch mit Tirol sehr verbunden. In Wien bin ich zu Hause, hier arbeite ich, hier habe ich studiert, hier habe ich natürlich ein großes Netzwerk, einen großen Bekanntenkreis. Ich könnte mir nicht vorstellen, irgendwo anders zu leben.
Sie gehen ja auf sehr viele Veranstaltungen und Bälle. Wieviele Ballkleider besitzen Sie eigentlich?
Eigentlich gehe ich nicht viel auf Bälle. Heuer war ich auf dem Kaffeesiederball und natürlich am Opernball. Aber gut, ich habe acht Opernbälle gemacht und mir natürlich bei jedem Ball auch ein neues Kleid gekauft. Also habe ich acht sehr schöne Ballkleider.
Man stellt sich ja immer vor, dass Frauen wie Sie einen übervollen Kleiderschrank haben. Wie sieht das bei Ihnen aus?
Ich kann schwer was weggeben. Das heißt, ich habe Kleider, die ich schon mit 20 hatte,  alle fein säuberlich geschlichtet in meinem Schrank. Ich habe auch noch ein Kleid, das ich zum Abschluss meines Studiums getragen habe.
Ziehen Sie diese Sachen jetzt auch noch an, oder sind das Erinnerungsstücke, an denen Sie hängen?
Elisabeth Gürtler und Heinz Fischer Opernball
Elisabeth Gürtler und Heinz Fischer am Opernball, den die Direktorin acht Jahre lang organisierte.
Ich bin eine gute Kundin von Änderungs- Schneiderinnen. Ich verändere die Sachen ständig und ziehe sie natürlich noch an. Ich habe zum Beispiel sogar mein Hochzeitskleid einfärben lassen.
Das Motto der Fête Impériale lautet: Tradition trifft Moderne. Ihr Gesamtwirken spielt sich ja zwischen Tradition und Moderne ab, wie schaffen Sie da den Spagat?
Nur Tradition alleine ist fad, da ist keine Spannung da. Wenn man das aber mit einer heutigen Lifestyle-Übersetzung kombiniert, dann erfasst man, dass die Tradition ein bewusster Kontrapunkt ist.
Wie ist das zu verstehen?
Tradition punktuell eingesetzt finde ich, ist ein richtiger und sehr guter Weg.
Also wenn man z.B. in einen ganz modernen Raum einen sehr schönen, alten Kristalluster hängt, dann wirkt der Luster doppelt so gut, als würde ich ihn in eine traditionelle Umgebung hineingeben. Das kann man natürlich überall anwenden. Ich glaube, Tradition und Moderne lassen sich immer miteinander verbinden.
Sind Sie ein traditionsbewußter Mensch?
Naja, ich bin nicht mehr so jung, was heißt, ich fühle mich in einer kalten, modernen Umgebung nicht unbedingt zu Hause. Ich brauch schon meine Anknüpfungspunkte zu der Welt, in der ich auch groß geworden bin. Aber ich weiß auch, dass die Spannung erst dann entsteht, wenn man auch das Neue, das Moderne spürt, und es auch zulässt.
Was sind diese Anknüpfungspunkte, mit denen Sie aufgewachsen sind?
Eine gewisse Wärme, die man spüren muss. Wenn in einem Raum Bilder, Fotos, Lampen oder Kerzen sind, bekommt der Raum eine Wärme, weil er eine Geschichte erzählt, weil er gestaltet wurde von einer Person, die damit etwas von sich preisgegeben hat, was ihr wichtig ist.
Sie sagen von sich selber, Sie sind eine konservative Unternehmerin. Was für Tipps können Sie den Unternehmerinnen, vor allem den jungen, mit auf den Weg geben?
Ich bin eine sehr sparsame Person. Ich sage immer: „Was was ich nicht ausgebe, muss ich nicht erarbeiten“.  Ich hinterfrage immer wieder, ob etwas überhaupt notwendig ist. Es gab zum Beispiel hier im Hotel Sacher als ich gekommen bin einen Chauffeur. Wozu brauch ich das? Ich kann ja wohl selber mit dem Auto fahren! Jede Investition wird genau durchgerechnet.
Sie haben und hatten ja Funktionen in sehr männerdominierten Bereichen. Arbeiten Sie lieber mit Männern oder Frauen zusammen?
Ich arbeite sehr, sehr gerne mit Frauen zusammen. Ich habe auch sehr viele Frauen in meinem unmittelbaren beruflichen Umfeld, weil man mit denen einfach auf einer Wellenlänge ist. Frauen sind unglaublich leistungswillig und leistungstark.
Was sind Ihrer Meinung nach wichige Tugenden?
Eine gewisse Aufrichtigkeit, Emotionalität, also wenn jemand nicht total abgebrüht ist, aber auch Zielstrebigkeit.  Jemand der in den Tag hinein lebt und dem alles egal ist, das Gürtler Sacher
Elisabeth Gürtler mit ihrer Familie
ist für mich unfassbar.
Zielstrebigkeit: Welches sind denn Ihre nächsten Ziele?
Nach der Fête Impériale muss der Umbau in unserem Hotel in Salzburg bis Mitte Juli abgeschlossen sein. Da bin ich selbst vor Ort, um zu organisieren, einzurichten, Bilder aufzuhängen. Danach bin ich zwei Tage in Wien, da habe ich meine Enkelkinder und dann geht es zur Eröffnung der Festspiele in Salzburg.
Weil Sie Ihre Enkelkinder erwähnen: Ist Zeit für die Familie für Sie wichtig?
Ich glaube schon, dass es wichtig ist, Zeit für die Familie zu haben. Aber auch wenn ich meine Enkelkinder habe, arbeite ich nebenbei am Blackberry.
Jetzt ehrlich: Als Chefin des Hotel Sacher - wie oft essen Sie selbst eine Sachertorte?
Ich liebe Sachertorte, allerdings esse ich sie nicht täglich. Am liebsten hab ich nur den Teig. Aber täglich wäre mir das zuviel.

Gracia Geisler (Juni 2010)

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KONTAKT
Spanische Hofreitschule
Michaelerplatz 1. 1010 Wien

Di - So 09:00 bis 16:00 Uhr.
Freitags wenn Vorführung 09:00 bis 19:00 Uhr
www.srs.at
www.fete-imperiale.at

KONTAKT
Hotel Sacher
Philharmonikerstraße 4. 1010 Wien

www.sacher.at

Fotos: Elisabeth Gürtler mit Hund © Katharina Schober, Elisabeth Gürtler mit Pferd (2) © Paul Harris

 

 

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BISHER ERSCHIENEN

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Chefin Theater am Spittelberg

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Elisabeth Gürtler, Sacher-Chefin

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Verena Forstinger, Hoteldirektorin "Style Hotel Radisson"

Karin Troschke, Papierrestauratorin

Gabriele Gottwald-Nathaniel, Leiterin von "gabarage" und Kalksburg

Rahel Jahoda, Therapeutin bei intakt, dem Zentrum für Ess-Störungen

Lisa Muhr, Mode-Designerin "Göttin des Glücks"

Aslihan Atayol, Schmuck-Designerin

Beatrix Patzak, Direktorin des Pathologischen Museums

Lama Palmo, buddhistische Priesterin

Elke Krasny, Stadtforscherin

Ingrid Erb, Bühnen- und Kostümbildnerin

Jutta Ambrositsch, Winzerin in Wien

Monika Buttinger, Designerin "Zojas"

Ketevan Sepashvili, Pianistin