Stadtgespräch


Diskretion ist bei uns wirklich wichtig

Verena Forstinger im Interview

Das "Radisson BLU Style Hotel “ in der Herrengasse ist eines der schicksten Hotels der Stadt. Untergebracht in einem denkmalgeschützten Gebäude, in dem zuvor eine Bank logierte. Weshalb heute der Fitnessraum des Hotels hinter tonnenschweren Safetüren verborgen liegt – es wäre unmöglich gewesen, die Türen auszubauen. Geleitet wird das 5-Stern-Hotel von einer Frau. Die StadtSpionin sprach mit Verena Forstinger (40), die das Haus nicht nur für Gäste, sondern auch für WienerInnen interessant machen will.

Forstinger
Verena Forstinger, Chefin des Radisson Style Hotel
StadtSpionin:
Sie leiten seit rund zwei Jahren eines der schönsten Hotels von Wien. Aber Wienerin sind Sie keine, oder?
Verena Forstinger: Richtig. Ich bin gebürtige Salzburgerin. Mein Lebensgefährte ist aber hier in Wien geschäftlich tätig und die Pendelei war irgendwann nimmer lustig. Also wollte ich hierher und dann hat sich das zufällig und schnell ergeben, dass ich die Leitung des Style Hotel übernehmen konnte. Ich habe bis Freitag in Salzburg gearbeitet und am Montag in Wien begonnen.
Und wie gefällt es Ihnen in Wien als Salzburgerin? Sehr, sehr gut! Hätten Sie mich vor 20 Jahren gefragt, ob ich jemals nach Wien gehen würde, hätte ich wahrscheinlich nein gesagt. Heute bin ich sehr froh und bin sehr gern hier. Wien ist so lebendig!
War das eigentlich immer Ihr Ziel, Hoteldirektorin zu werden?

Nein (lacht). Ich bin durch Zufall in die Hotellerie geschlittert und jetzt mache ich das schon seit 21 Jahren. Aber ich hab’s nie wirklich vorgehabt. Nach der Matura war mir nur klar, dass ich den klassischen Studienweg nicht gehen wollte.
Style Hotel Radisson BLU
Design-Hotel: von der Londoner Innenarchitektin Maria Vafiadis als eine "Hommage an das Wien des Art Deco" gestaltet.
Warum nicht?

Ehrlichgesagt: die letzten Jahre in der Schule haben mir eher weniger Spaß gemacht (lacht). Und ich wollte mich nicht noch mal 5 Jahre weiterquälen. Ich wollte die Welt kennenlernen und Geld verdienen. Also hab ich einen einjährigen Tourismus-Lehrgang an der Uni Salzburg gemacht, mit Schwerpunkt Marketing und Tourismus-Wirtschaft. Und in diesem Lehrgang ist mir interessanterweise der Knopf aufgegangen! Es hat richtig Spaß gemacht!
Und danach begann gleich die Karriere?
Naja, danach bin ich nach Schladming auf einen Ferialjob gegangen und habe dort als Kinderbetreuerin und Sportanimateurin begonnen. Und Schritt für Schritt habe ich mich über verschiedene Stationen zur Hoteldirektrice hochgearbeitet.
Wie alt waren Sie denn, als Sie das erste Mal Hoteldirektorin wurden?
25. In einem Ferienhotel mit 180 Betten am Achensee.
Wow, das ist aber jung!
Ja, das war wirklich eine Herausforderung. Da habe ich schwimmen gelernt. Ich war die meiste Zeit auf mich allein gestellt – der Chef war viel unterwegs und ich musste mich um alles kümmern. 
Harte Schule?
Harte Schule, aber gute Schule (lacht).
Sie sind ziemlich ehrgeizig!
Ja. Stimmt.
Das Haus hier ist sehr speziell. Nobel, sehr aufwändig und toll eingerichtet. Aber trotzdem locker. Ist auch das Publikum speziell?
Wir haben viele Gäste, die aus der Kunst- oder Design-Branche kommen, auch aus der Modebranche. Es ist ein sehr trendiges Publikum, das hier verkehrt. DasStyle Hotel Radisson BLU ist auch die Nische, in der wir uns platziert haben – mit Veranstaltungen, die wir selbst organisieren. Mit Vernissagen, Modeschauen, Weinverkostungen.
Vieles was Sie machen - die Fashionshows, die Ausstellungen, der günstige Mittagstisch im hauseigenen Restaurant Sapori - hat eigentlich gar nicht so viel mit Touristen zu tun, sondern mit Wienern.
Absolut! Wir haben hier in der Umgebung viele Firmen - Banken, Versicherungen, Botschaften – und die Leute müssen ja irgendwo zum Mittagessen hingehen. Da unser Restaurant zu Mittag immer schlecht besucht war – der normale Gast frühstückt im Hotel und kommt am Abend wieder – haben wir den Quick Lunch etabliert. Da bekommt man zu einem günstigen Preis ein Mittagsgericht mit der Garantie, in 30 Minuten fertig zu sein. Das Essen ist sehr günstig, aber wir bringen damit neue Menschen ins Hotel, die das dann kennenlernen.
Auch unsere Bar ist mittlerweile ein klassischer Treffpunkt, wo Abends das Wiener Publikum herkommt. Eine sehr stylishe, intime Bar, aber sehr locker. Mit DJ und einmal im Monat Livemusik. Alles bei freiem Eintritt.
In Wien ist das aber eigentlich nicht üblich, dass man als Wiener in ein Hotel geht.
Aber international ist das total üblich! Wenn man sich anschaut: Paris, New York, London – dort ist das völlig normal. In Wien tut man das halt noch nicht so.
Ist das eigentlich nur in TV-Serien so, oder passieren in Hotels wirklich viele ungewöhnliche Dinge?
(Lacht) Wir sind schon mit vielen lustigen Episoden konfrontiert gewesen. Ich erinnere mich: letzes Jahr Opernball. Ein Ehepaar kam am Abend mit dem Flugzeug an und der Koffer der Dame war verschwunden. In dem war das Ballkleid, Schuhe, Schmuck, alles! Was tun? Ich hab mich selbst ans Telefon gesetzt, und wir haben es mithilfe von Fürnkranz geschafft - sie waren dann perfekt gestylt und pünktlich am Opernball.
Ja, und n haben wir in regelmäßigen Abständen auch immer wieder Promis, die nicht mit dem eigenen Partner hier absteigen. Ohne dass ich jetzt dazu Namen nennen will (lacht). Diskretion ist bei uns wirklich wichtig!
Style Hotel Radisson BLU
Die Chefin mit Teilen des Teams
Wie sind Sie denn eigentlich als Chefin?

Oh, da müssen sie meine Mitarbeiter fragen! (Lacht) Ich bin schon hart, aber ich bin sehr gerecht. Und ich unterstütze die Mitarbeiter, gemeinsam etwas voranzubringen. Ich lasse neue Ideen zu - es ist mir sehr wichtig, dass die Mitarbeiter sich auch einbringen - verlange aber auch, dass das was sie sich vorstellen, entsprechend durchführbar ist und sich rechnet. Und ich bin auch die erste, die mithilft, wenn irgendwo Not am Mann ist.
In Salzburg ist bekannt, dass Sie ein psychisch krankes Lehrmädchen sehr unterstützt und auch als Lehrling behalten haben. Ist das in einem Luxus-Hotelbetrieb nicht ungewöhnlich?
Das Lehrmädchen litt unter dem Borderlinesyndrom, hatte psychisch immer Ups und Downs und wahnsinnige familiäre Probleme. Sie hat sich sehr wohl gefühlt, wenn sie arbeiten gehen konnte, aber durch die turbulenten Geschichten aus dem Elternhaus ist sie immer wieder in ein Loch gefallen. Wir haben dann zufällig an einem Nachmittag einen Brief gefunden, in dem sie angekündigt hat, dass sie sich umbringen will. Rechtzeitig! Ich habe die Sache dann in die Hand genommen, ihr die passende psychologische Betreuung besorgt, und regelmäßig lange Gespräche mit ihrer Mutter geführt, die selber nicht in der besten Verfassung war. Wir haben sie dann vom Hotel so weit gefördert, dass sie ihren Job ausfüllen konnte und eine gute Abschlussprüfung gemacht hat. Aber es gibt sicher viele Chefitäten, die das nicht interessiert.
Verena Forstinger
Verena Forstinger in Aktion
Wieviel Stunden arbeiten Sie eigentlich pro Woche?

Das kann man gar nicht durchrechnen. Sehr, sehr viele. Also so 60 Stunden sind es schon.
Können Sie denn da überhaupt noch ausspannen?
Natürlich! Ich habe mittlerweile gelernt, das wirklich aktiv anzugehen und zu wissen: Jetzt ist der Zeitpunkt da und jetzt muss ich mich mehr zurücknehmen. Um auf mich, meine Energie und meine Gesundheit zu schauen.
Wie merken Sie das denn?
Wenn ich unausgeglichener werde. Ich will nicht sagen grantig, aber ich bin dann irgendwie unruhiger - und dann weiß ich genau, jetzt ist es wieder so weit. Jetzt muss ich was anderes tun und mich aus dem Alltag herausholen. Das geht oft binnen kurzer Zeit. Wenn man mal ein Wochenende ausspannt und ein gutes Buch zur Hand nimmt und liest. Oder ganz banal: Ich nehme mir mal einen Nachmittag Auszeit, geh zum Friseur, zur Beauty – und am nächsten Tag sieht die Welt schon wieder anders aus.
Und man muss wissen, dass man im richtigen Moment auch nein sagen kann. Aber das war ein harter Weg, das zu lernen.
Das Nein-sagen oder das Sich-rausnehmen?
Beides. Früher hab ich so das Gefühl gehabt: Wenn ich jetzt nein sag, schaut das so aus, als ob ich es nicht schaffe. Das ist aber Blödsinn. Weil am Ende des Tages bringt’s nichts.
Das können Frauen nicht so gut, das Nein-sagen. Aber es absolut notwendig.

Sabine Maier
Februar 2010

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KONTAKT
Radisson BLU Style Hotel Vienna
Herrengasse 12
1010 Wien

Tel: 01/ 22 780-0
www.radissonblu.de/stylehotel-vienna

 

 

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