Ausflug nach Graz: Tipps für Insider
Halb Wien macht sich im Sommer auf den Weg in den Süden. Statt auf der Autobahn an Graz vorbeizudüsen, sollte man unbedingt einen Abstecher in die Hauptstadt der Steiermark unternehmen. Denn Design und Mode spielen dort die Hauptrolle. Die StadtSpionin hat sich in Graz umgesehen und die besten Tipps mitgebracht.
    
Ich gebe zu, jetzt bin ich ein bissl neidisch. Nicht, dass  wir in Wien einen Mangel an lässigen Lokalen hätten. Aber so etwas wie den  neuen „Speisesaal“ in Graz haben wir eben nicht. Der war bis vor Kurzem der  traditionsreiche Wappensaal des einzigen 5Sterne-Hotels der Stadt, dem Grand  Hotel Wiesler. Das elegante Jugendstil-Hotel aus dem Jahr 1909 liegt mitten im  Zentrum, direkt an der Mur, und gilt seit Generationen als erstes Haus am  Platz. Offensichtlich sind die Menschen in Graz aber etwas mutiger als in Wien  – denn nun hat das Wiesler kurzerhand seine 5 Sterne weggeworfen,  mit einem großen Fest den  „Tag der Unabhängigkeit“ gefeiert und  die Hippness ins Haus geholt. Bedeutet für den Wappensaal: der heißt jetzt  Speisesaal, ist für jedermann zugänglich und in ihm stehen coole Holztische und  ein Sammelsurium an gebrauchten, stylishen Stühlen, von denen keiner dem andern  gleicht. An der Wand prangen wilde fresko-ähnliche Malereien von Josef Wurm,  die aussehen, als hätte jemand Tapeten von der Wand gerissen (was  der musterverliebten StadtSpionion ganz  besonders gefällt). DJs legen live Musik auf, vornehmlich aus der Soulkiste.  Und auf den Tellern landen überwiegend   Dinge, die auf einem gigantischen Holzkohlengrill zubereitet werden:  Salsiccia, echtes Döner Kebap und ein Quarterpounder mit Coleslaw. Urban Style  wie in London oder New York – so was hätte ich in Wien auch gerne!
Ebenfalls neu und ziemlich avantgardistisch:  das fashionLAB. Über 20 junge  DesignerInnen haben sich in einem aufgelassenen Billa eingemietet und verkaufen  dort nicht nur ihre aktuellen Kollektionen, sondern produzieren sie zum Teil  auch gleich vor Ort. Die Supermarkt-Atmosphäre wurde beibehalten, der einzige  Schmuck in dem kargen Laden sind die verzierten Wände – comicartig mit roten Klebebändern  beklebt. Feines von Mode-Queen Lena Hoschek ist ebenso zu erstehen wie die  Teile von knall.bunt und Dresscode 21 oder die ungewöhnlichen Hutkreationen von  eva kim heu. Lässig und gar nicht so teuer!                                                                                                                                                                                                                                                                                 
Shopping in Graz
Das Nette an Graz ist: Es ist so klein, dass man locker  alles zu Fuß gehen kann. Das fashionLAB etwa liegt etwas abseits im  Jakominiviertel (dem gerade via Kreativwirtschaft neues Leben eingehaucht  werden soll), ist aber vom Zentrum trotzdem nur einen 
Spaziergang entfernt.  Gleiches gilt für das Pell Mell. Der winzige Shop im Retro-Stil beherbergt drei  Designerinnen, die nicht nur höchst ungewöhnliche Mode machen , sondern auch  kräftig die Fäden in der Design-Stadt Graz ziehen. So zeichnen sie etwa für das  jährlich stattfindende Designfestival „assembly“ verantwortlich. Die Auswahl im  Pell Mell ist nicht groß, aber was Karin Wintscher-Zinganel (Foto), Yü-Dong Lin und  Bettina Reichl für ihr jeweiliges Label   schaffen, ist der ultimative Tipp für Frauen, die das Außergewöhnliche  suchen: raffiniert geschnittene, oft  fast skulptural anmutende Mode, die allen Trends weit voraus ist.
Nur ein paar Schritte vom Pell Mell entfernt liegt der  nächste Grund, warum  man auch als  passionierte Wienerin einen regelmäßigen Abstecher an die Mur machen sollte.  Graz hat einen eigenen marimekko Concept Store! Die Architektin Susanna Ahvonen  verkauft in dem großen, ganz in weiß gehaltenen Shop nicht nur die Stoffe der  finnischen Kultfirma, sondern auch die Mode, Möbel, Accessoires, Geschirr,  Taschen und sogar Badetücher  –  alles farbenfroh und wild gemustert. 
    
 Schräg gegenüber vom Concept  Store liegt der Kaiser-Josef-Markt. Der Bauernmarkt, sozusagen die etwas  kleinere Version des Naschmarkts, ist die ganze Woche über geöffnet, besonders  schön aber präsentiert er sich am Samstag. Und wie am Naschmarkt wird hier  nicht nur eingekauft (Tipp: die Kasalm/ Stand 14 verkauft über 80 traditionell  hergestellte Käse aus Rohmilch und Bio-Milch), sondern auch gegessen. Bei der  schicken Fraktion von Graz besonders angesagt: die „Schnabelweide“. Ganz  unkompliziert, im Stehen oder an kleinen Hochtischen, verzehrt  man köstliche Kleinigkeiten wie pikante  Fritatta, geschmortes Hühnchen mit Polenta oder kalten Kalbsbraten. Das  Gedränge ist groß, der Service bleibt trotzdem immer herzlich 
  
Graz: Essen mit Aussicht
Vom Markt aus kann man wunderbar durch die Altstadt bummeln.  Die Herrengasse ist sozusagen die „Parade-Einkaufsstraße“, parallel dazu laufen  Gassen und kleine Plätze mit netten Läden. Eindrucksvoll zeigt sich schon von  Außen die Hofbäckerei Edegger-Tax in der Hofgasse. Die Geschichte der Bäckerei  reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück, heute wird hier sogar Glutenfreies für  Zöliakiekranke gebacken. In der steilen Sporgasse lohnt sich ein Abstecher in das  elegante Schreibwarengeschäft Schediwy.   In der Sackstraße hat Kastner & Öhler im Erdgeschoss seines  Stammhauses einen riesigen, coolen Denim Store eröffnet, der alle Stückeln  spielt. Im infected gibt es die passende Jeans für tatsächlich jeden Geschmack. 
    
Und wer beim Bummeln wieder Hunger kriegt:  In der Stempfergasse findet man den  Frankowitsch. Vor allem am Samstag ist ein Besuch quasi verpflichtend: „ganz  Graz“ trifft sich hier auf Brötchen und Prosecco oder einen Pfiff Bier. Die  Brötchen-Theke des Delikatessen-Geschäfts ist auch wirklich ziemlich  beeindruckend. Daneben wird hier in großzügigen Räumen Champagner und feinstes  Gebäck, Aufstriche, Antipasti  und  Törtchen verkauft.
    Für den kleinen Hunger ebenfalls gut geeignet: das Senf und  Söhne auf der anderen Seite der Mur. Wie im Wiener Porcus (Restaurant der  Woche: hier) gibt’s hier nur Gesottenes von Schwein & Co, dazu Brot und  Senf und Wein – einfach über den Tresen gereicht und an schicken Tischen  verzehrt wie in einer italienischen Kantine. 
Wer ausgiebiger – und vor allem mit eindrucksvollem  Graz-Feeling – essen will, sollte sich auf den Schlossberg begeben. (Entweder  über viele, viele Treppen oder via Schlossberg-Bahn). Am Steilhang über der  Stadt sitzt man in den Terrassengärten des Starcke Winzerhauses am sonnigsten  Platz von Graz und hat einen unvergleichlichen  Ausblick. Mitten im Grünen, komplett ruhig und dennoch ganz  nah am geschäftigen Treiben. Kitsch-Tanten wie der StadtSpionin geht dabei vor  allem beim Sonnenuntergang das Herz auf.
Kunsthaus und Kreativmeile
Der Blick vom Winzerhaus hinunter auf die Dachlandschaften  der Altstadt zeigt auch, wie perfekt sich das futuristische UFO des Kunsthauses  in die jahrhundertealte   Stadtstruktur einfügt. Das Kunsthaus ist übrigens nicht nur wegen der  Ausstellungen (bis Ende August zeigt das Berliner/Pariser Modedesign-Duo Bless  seine Schau „Retroperspektives Heim“) und seiner großartigen Architektur einen  Besuch wert, sondern auch wegen des netten Museum-Shops. Und die hinter dem  Kunsthaus beginnende Mariahilfer Straße hat sich dank des Museums zu einer Art  Kreativmeile entwickelt.  Da kann  man etwa  im kwirl Design-Geschenke  und ungewöhnliche Souvenirs kaufen. Inhaberin Iris Kastner hat viele Jahre in  Wien den MAK Museumsshop geleitet, nun kümmert sie sich in dem hellen Laden um  die Design-Freunde von Graz.
      
      
Gleich daneben findet man im tag.werk, einem  Jugend-Beschäftigungsprojekt der Caritas, Mode von steirischen Jung-Designern  sowie eine Vielzahl von kreativen, witzigen (und vor allem ziemlich günstigen!)  Taschen, die von den Jugendlichen selbst hergestellt werden. Der große,  übersichtliche Shop ist ideal zum Stöbern, der Retro-Touch und die originellen  Entwürfe machen aus dem Caritas-Shop einen stylishen Hotspot. Jede Tasche ist  übrigens ein Unikat – die witzigste allerdings, mit aufgenähten pinkfarbenen  Hirschen und karierten Schmetterlingen, gibt es nicht mehr. Die musste ich  selber kaufen. Sorry!
Und zum Schluss: Schlafen in Graz
Bei so viel Design ist es eigentlich nicht  verwunderlich,  dass es in Graz  gleich mehrere Design-Hotels gibt. Wer also auch in der Mur-Stadt übernachten  will, kann das mit viel Stil tun. Das augartenhotel wurde von Günther Domenig  entworfen und ist gleichzeitig eine Galerie mit Werken von über 140 Künstlern.  Da hängt ein Frank Stella an der Bar, ein Bild von Franz West auf der Terrasse  und ein monumentales Gemälde von Gunter Damisch im Hallenbad. Natürlich sind  auch alle Zimmer, sonst zurückhaltend modern möbliert,  mit Originalen bestückt. Das 4Stern-Hotel  bietet vom Bad bis zum Hauben-Restaurant   jeden Komfort und kostet ab 140 €/ Nacht.
    
Wer es günstiger will, kann sich  direkt neben dem Grazer Hauptbahnhof ins Hotel Daniel einquartieren. Die  Zimmerpreise im Lifestyle-Hotel sind smart: im Juli und August 59 € pro Nacht,  egal ob allein oder zu zweit belegt. Das Check-in erfolgt an der Espressobar,  Internet gibt’s überall im Haus und natürlich  umsonst. Man kann ab 15 € mit Vespas oder Bikeboards herumdüsen oder es sich im  Kaminzimmer gemütlich machen. Oder das umfangreiche Frühstück im Loft genießen. 
Von  Sabine Maier
    Juli 2010    
  
SHOPS
      fashionLAB, Klosterwiesgasse 5,  8010 Graz. Mo – Fr 12:00 bis 18:00, Sa 10:00 bis 17:00 Uhr. Web 
      Pell Mell, Mandellstr. 4 , 8010 Graz. Fr 10:00  bis 18:00, Sa 10:00 bis 13:00 Web
      marimekko, Mandellstraße 1, 8010 Graz, Mo-Fr 9:00 bis 18:00 Uhr, Sa  9:00 bis 14:00  Uhr. Web
      Markt am Kaiser-Josef-Platz, 8010 Graz. Mo - Sa 4:30 bis 13:00   Uhr. Web
      Hofbäckerei  Edegger-Tax, Hofgasse 6, 8010 Graz . Web
      Schediwy, Sporgasse 6, 8010 Graz. Mo - Fr 9:00  bis 18:00, Sa 10:00 bis 17:00  Uhr. Web
      infected, Sackstrasse 13, 8021 Graz. Mo – Fr  9:30 bis 19:00, Sa bis 18:00  Uhr. Web
      kwirl, Mariahilferstraße  11, 8020 Graz. Mo – Fr 10:00 bis 18:00,  Sa bis 13:00 Uhr. Web
      tag.werk,  Mariahilferstraße 13, 8020 Graz. Mo-Fr 10:00 bis 18:00, Sa bis 13:00  Uhr. Web
      
      ESSEN
      Speisesaal, Grieskai 12-16, 8020 Graz. Mo – So  17:00 bis 1:00 Uhr. Web
      Schnabelweide,  Kaiser-Josef-Platz, Stand 19-21, Graz. Di - Fr 8:00  bis 20:00  Uhr. 
      Frankowitsch, Stempfergasse 2-4, 8010 Graz. Mo-Fr 8:30 bis 18:30, Sa 8:30 bis 17:00 Uhr. Web
      Senf und Söhne, Griesgasse, 8020  Graz. Mo - Sa 10:00  bis 19:00  Uhr. Web
      Starcke, Schlossberg 4, 8010 Graz. April  - Oktober Mo - Sa 11:00 bis 24:00 Uhr, So 9:00 bis 18:00
    Uhr. Web
HOTELS
      augartenhotel, Schönaugasse 53,  8010 Graz. Web
      Hotel Daniel, Europaplatz 1, 8020  Graz. Web
      Hotel Wiesler, Grieskai 4-8,8020 Graz. Web      
        
      
    
  
BISHER ERSCHIENEN
    
  Keramik kaufen in Wien
Vintage-Fashion für jeden Stil
Winterwanderungen rund um Wien
So ein Käse: Käseshops in Wien
Unverpackt-Shops
  
  Poke Bowls
  
  Schuh-Shopping  
  
  Muster-Buch: Paper Passion
  
  Frisch-Fisch-Hotspots
  
  Office Cafés
  
  Ice Age in Wien
Independent Drinks
  
  Street Food Wien  
  
  Vienna 12 points!
Xmas: Eat - Shop - Celebrate
  
  Vintage & Outlets in Wien
Tante Emma reloaded
  
  Besondere Buchläden
  
  Selberkochen 2.0
  
  Sommertage am Land
    
  Genial Gärtnern in Wien
Bike City: Wien auf zwei Rädern
It's Tea Time – die Wiener Teesalons
Wohnen: Shabby Chic & Retro/Mix
Schnelle Mittagslokale in Wien


